Von jung und angejahrt in Wort und Bild

Schlagwort: Geschichte (Seite 2 von 5)

Endjahresnotizen: Schreiben als Beruf(ung)?

Meine Große hat offenbar nicht nur den Hang zur Wallemähne von mir geerbt. Ebenso wie ich ist sie Geschichten und Bildern verfallen. Farben und Büchern. Sie inhaliert sie förmlich. Und ich werde sie nach Leibeskräften dabei unterstützen, diese Leidenschaften und ihre Kreativität ungehemmt ausleben zu dürfen. Schon jetzt bete ich insgeheim dafür, dass sie später nicht annähernd so zerrissen sein wird wie ich und dafür, dass ihr Weg geradliniger verläuft als der meine. Wobei es vielleicht auch des ein oder anderen Schlenkerers bedarf, um zu erkennen, was man wirklich will. Was mich persönlich angeht, fragte ich mich allerdings, ob ich nicht einfach auf der Hauptstrasse hätte bleiben sollen, statt mich über Jahrzehnte hinweg auf irgendwelchen Nebenpfaden herumzutreiben.

Es war gleichgültig, ob man mich mit acht oder mit achtzehn nach meinem Berufswunsch gefragt hat. Die Antwort war immer die gleiche: „Schriftstellerin“.

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Der Liebe zartherber Schmelz

So, liebe Leute, heute quäle ich euch mit Infos zu meiner NaNoWriMo-Geschichte. Mein Blog muss ja öfter mal einen Spagat zwischen Themen und Lesergruppen bewältigen, die von Haus aus nicht unbedingt kompatibel sind. 😉 Meine Befürchtung ist immer, dass aus dem Spagat irgendwann eine Grätsche wird, die ich hier hinlege, wenn ich den Bogen überspanne. Bisher bestand der Hauptkonflikt vor allem in der Mischung von kinderbezogenen Alltags- und Bastelposts auf der einen, und meinem Gruselroman auf der anderen Seite. Da ich offensichtlich ungewöhnlich tolerante Leser habe, wofür ich mich an dieser Stelle sehr herzlich bedanken möchte, sind etwaige Moralpredigten bisher zum Glück weitestgehend ausgeblieben.

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Am Anfang war Lila: Kapitel 17

Unter Geistern

Andreas nimmt sich Zeit, die vergilbte Fotografie und die Widmung auf der Rückseite eingehend zu studieren. Priska kann ihm förmlich ansehen, wie es in seinem Gehirn rattert. Schließlich hebt er seinen Blick und fragt sie:

»Woher hast du dieses Bild?«

»Es lag vor ein paar Tagen auf unserem Esstisch. Luis und Elena haben es gefunden.« Priska sieht zu ihrer Tochter hinüber. Diese nickt bestätigend. »Ich nehme an, dass Eleonore es dort platziert hat.« Priskas Augen wandern zu der kleinen, weißen Gestalt auf Ranieris Schoß. Doch das Gespensterkind schüttelt den Kopf. Es fühlt sich eigenartig an, dass sie Eleonore nun ohne Spiegel vor sich sehen und direkt mit ihr kommunizieren kann.

»Nein, ich war das nicht.« Eleonores Stimme ist klar. Abgesehen von dem echoartigen Nachhall, der noch einige Sekunden lang in der Luft hängt und von den nachfolgenden Worten überlagert wird. »Ich habe das Bild zum ersten Mal gesehen, als Elena es in der Hand hielt. Es macht mir Angst.« Die dunklen Augen in dem blassen Gesichtchen wirken noch größer als sonst. Priska versucht, sich in das Kind hineinzuversetzen. Es ist nur selbstverständlich, dass die Fotografie Eleonore verstört. Schließlich ist es ihr eigener, lebloser Körper, der dort im Sessel sitzt. Prompt überzieht Gänsehaut Priskas Gliedmaßen. Fröstelnd verschränkt sie die Arme. Gegen die vertraute Kälte, die sich in ihrem Inneren ausbreitet, können auch die warmen Sonnenstrahlen nichts ausrichten. Wer hatte das Foto dann in ihr Haus gebracht und so drapiert, dass sie es entdecken mussten? Nachdenklich blickt sie Ranieri an, doch der hebt abwehrend die Hände.

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NaNoWriMo 2016

Die Teilnahme am diesjährigen NaNoWriMo (National Novel Writing Month) ist für mich ein Experiment in vielerlei Hinsicht:

Zum Einen bin ich natürlich gespannt, wieviel ich in einem Monat wirklich schreiben kann, wenn ich mich ausschließlich auf dieses eine Projekt konzentriere. Natürlich immer unter der Prämisse „Alles schläft, einsam wacht“. Der Tag gehört den Kindern und diversen Alltagsverpflichtungen. Und zumindest ein Fitzelchen vom Abend meinem Mann. Die Exklusivität bezieht sich eher auf das „was“. Im November wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Tagesnotizen, keine Wochenbilanzen und keine ausgedehnten Ausflüge in die sozialen Netzwerke geben. Ich werde nur an meiner NaNoWriMo-Geschichte arbeiten, von der bisher nicht mehr existiert als eine Idee und ein kitschiger Titel in einer ansonsten jungfräulichen Textdatei. Also bitte nicht wundern, wenn auf dem Blog in den nächsten vier Wochen gähnende Leere herrscht.

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Am Anfang war Lila: Kapitel 16

Wo die Zeiten sich kreuzen

»Nein, ich will nicht zurück ins Waisenhaus! Bitte, bitte nicht!«

Jeremias Flehen rührt Priska zutiefst. Sie wirft einen Blick in den Innenspiegel und ihr Herz macht erneut einen Satz. Noch immer hat sie sich nicht daran gewöhnt, dass der Junge Ranieri wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Es fühlt sich an, als befinde sich ein Teil von ihr in einer Art Zeitschleife. Immer, wenn sie in Jeremias  unverwechselbare Augen sieht, reißt ein Strom aus Erinnerungen sie aus dem Hier und Jetzt. Und sie werden von Mal zu Mal intensiver. Mit jeder weiteren Stunde, die sie zusammen sind und mit jedem zurückgelegten Kilometer, der sie näher an die alte Heimat bringt, überlappen sich Vergangenheit und Gegenwart ein Stück mehr. Hin und wieder zuckt das Bild, das Priskas Netzhäute an ihr Gehirn weitergeben. Für einen kurzen, aber gefährlichen Moment verschwimmt alles und sie sitzt, selbst wieder ein kleines Mädchen, mit Ranieri im Kastanienbaum. Gemeinsam blicken sie ins Tal hinunter. Damals waren ihr die drei Jahre Altersunterschied riesig erschienen. Geliebt hat sie ihn schon immer. Zunächst wie einen großen Bruder.

Krampfhaft versucht Priska, wieder in die Gegenwart zurückzukehren. Es gebe keinen ungünstigeren Moment für Tagträume. Nie würde sie es sich verzeihen, wenn sie aufgrund ihrer Fahrlässigkeit mit einem entgegenkommenden Wagen kollidieren oder die Böschung hinunterrasen. Zum Glück fällt das Gelände neben ihnen nicht so steil ab. Priska konzentriert sich auf das Lenkrad in ihren Händen und das Gefühl, in einem fahrenden Auto zu sitzen. Allmählich wird der blaugrüne Eisack grau und schließlich wieder zu der Straße, auf der sie gleich die italienische Grenze passieren. Noch einmal darf ihre innere Kamera nicht in die Vergangenheit schwenken. Inzwischen herrscht viel Verkehr auf dem Zubringer zur Brennerautobahn. Und tatsächlich freut sich Priska über jedes Fahrzeug, das ihnen entgegenkommt. Ebenso wie über das satte Grün der Wiesen und die Bauern, die dort ihr Tagwerk verrichten. All diese Dinge zeigen ihr, dass sie der alptraumhaften Parallelwelt entkommen sind. Vorerst zumindest.

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Am Anfang war Lila: Kapitel 15

Im Exil

Das letzte Stück des Weges war steil. Halt suchend klammerte sich Johann an die Gesteinsbrocken, welche entlang des schmalen Pfades versprengt lagen. Der Korb auf seinem Rücken wog schwer. Er war bis zum Rand gefüllt mit Äpfeln, Speck, Schüttelbrot und anderen Lebensmitteln. Die spätsommerliche Sonne brannte erbarmungslos auf ihn herunter. Am wolkenlosen Himmel kreiste ein Steinadler. Sein Kreischen hallte an den Felswänden wider und fuhr Johann durch Mark und Bein. Dennoch war er froh, dass er den schattenspendenden Wald hinter sich gelassen hatte. Das Raunen und Wispern zwischen den Baumwipfeln bereitete ihm weitaus mehr Unbehagen als die Schreie des Greifvogels. Kurz hielt er inne und tupfte sich die Schweißperlen von der Stirn. Auf dem Stofftaschentuch hatte Eva seine Initialen eingestickt. Nun waren ihre Finger klamm und kalt. Nie wieder würden sie kunstvolle Handarbeiten fertigen oder ihm sanft und tröstend übers Gesicht streifen. Der Anblick ihres leblosen Körpers, wie er vom Balken des Schuppens baumelte, verfolgte ihn noch immer. Krampfhaft versuchte er, den Kloß, der ihm die Kehle zuschnürte, hinunterzuschlucken. Er war schuld an all dem Leid. Und wäre Dora nicht, hätte er seinem Leben auch schon längst ein Ende gesetzt.

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Am Anfang war Lila: Kapitel 14

Am Traummeer

Dort, wo die Ausläufer der schäumenden Brecher sanft ans Ufer schwappen, sitzen zwei Kinder. Ein Junge und ein Mädchen. Sie kehren Priska den Rücken zu. Etwas an ihnen ist anders als an den imaginären Gestalten, die Priska bewusst in ihren Traum gepflanzt hat. Die Sonne blendet sie. Doch die Umrisse der Beiden erscheinen ihr vertraut. Sie hebt die Hand und schirmt ihre Augen ab. Zuerst fällt ihr das blonde Haar des Jungen auf. Es leuchtet golden im gleißenden Licht und erinnert sie an Ranieri. Dann erkennt sie die rote Schleife auf dem Kopf des Mädchens. Und das gerüschte Kleid, welches die kleine Gestalt wie einen Fächer umgibt. Der Junge trägt noch immer die dunkle Jeans und das bunte T-Shirt, auf dem sich vorhin noch zahlreiche Fliegen tummelten. Als hätten sie gespürt, dass sie beobachtet werden, drehen sich Jeremias und Eleonore gleichzeitig um und winken ihr zu. Egal, wie trügerisch diese Idylle auch sein mag: Priska freut sich, dass sie da sind. Das Geistermädchen und der kleine Junge, der gerade an der Schwelle zum Jenseits entlangbalanciert. Sie winkt zurück. Die Kinder lächeln. Es ist das erste Mal, dass Eleonore so unschuldig wirkt, wie sie früher einmal gewesen sein muss. Ein kleines Mädchen, das mit ihrem Freund Sandburgen baut. Keine seelenlose Wachspuppe auf einem alten Foto. Keine Ansammlung negativer Energie. Keine düstere Erscheinung mit dunklen Höhlen statt Augen und einem hämischen Grinsen im flackernden Antlitz.

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Am Anfang war Lila: Kapitel 13

Tanz mit dem Dämon

Eine ungeheure Schwäche hat von Priska Besitz ergriffen. Marlene ist ein Dämon, der mit Engelszungen spricht. Trotzdem ist Priska geneigt, sich von ihren säuselnden Worten einlullen zu lassen. Sie ist so unsagbar müde. Zu müde sogar, um Angst zu verspüren. Allein die Liebe zu ihrer Tochter hält ihren Lebenswillen aufrecht. Bevor sie sich dem Tod zuwendet, der neben ihr geduldig auf seinen Einsatz wartet, wirft sie einen Blick in den Innenspiegel. Statt Elenas Augen begegnen ihr die des Geistermädchens. Eleonore hockt mit angezogenen Beinen neben dem Kindersitz. Die Arme hat sie um die Knie und ihre Puppe geschlungen. In einer wiegenden Bewegung schaukelt sie vor und zurück. Als wolle sie sich selbst beruhigen. Ihre Mimik kann Priska nicht recht deuten. Die Gesichtszüge des Gespensterkindes sind verschwommener als die letzten Male. Nur ihre dunklen Augen stechen hervor. Und sie sind angsterfüllt. Elena dagegen hat noch immer ihre Hände vorm Gesicht. Ob zum Schutz vor den Fliegen oder aus schierer Verzweiflung, vermag Priska nicht zu sagen. Soviel leichter wäre ihr ums Herz, wenn sie das Kind in Sicherheit wüsste. Instinktiv greift Priska nach hinten. Sie bekommt Elenas rechten Unterschenkel zu fassen und drückt ihn sachte. Ihre Tochter anzusprechen, traut sie sich nicht. Und was soll sie schon sagen: »Du brauchst keine Angst zu haben. Alles ist gut.« Nein, solche Worte helfen jetzt nicht. Sie würden alles nur noch schlimmer machen. Nichts ist in Ordnung. Inständig hofft Priska, dass Elenas Kinderseele unversehrt aus diesem Grauen hervorgeht.

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Wie schreibe ich einen fetzigen Klappentext oder eine spannende Kurzbeschreibung für die Buchrückseite?

Spannend soll er sein. Schmackhaft, dabei handlich und leicht verdaulich.  Der Köder, den Autoren, Verleger und vor allem Marketingspezialisten auswerfen, um potentielle Leser zu locken und zum Kauf zu bewegenPrägnanz ist wichtig. Den Inhalt des Buches in wenigen Worten zusammenfassen. Nicht zu viel verraten, dabei aber keinesfalls in vage Allgemeinposten abdriften. Die Rede ist vom Klappentext und der Kurzbeschreibung auf der Rückseite des Schutzumschlages.  In meinen kühnsten Träumen hätte ich nicht erwartet, dass es so schwer ist, diese wichtige Botschaft zu formulieren und gleichzeitig so einfach, an wenigen Zeilen geradewegs zu verzweifeln.

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Am Anfang war Lila: Kapitel 12

Grenzgänger

»Raus mit Euch!« Hecktisch wedelnd versucht Priska, zwei Fliegen zu verscheuchen, die vor ihrem Gesicht eine Art Balztanz aufführen. Das Fenster auf der Fahrerseite hat sie bereits geöffnet, aber die nervigen Insekten denken nicht daran, sich davon zu machen. Sie wirft einen kurzen Blick in den Innenspiegel. Elena schläft tief und fest in ihrem Kindersitz. Die rosigen Lippen sind leicht geöffnet. Priska spürt, wie sich ihr Herz wehmütig zusammenkrampft. Im Schlaf sieht ihre Tochter noch immer aus wie ein Baby. »Es ist nicht rechtens, dass dieses kleine Kind mit Geistern und Kreaturen aus düsteren Schattenwelten konfrontiert wird. Für sie sollte das Leben bunt und fröhlich sein. Frei von Sorgen und Ängsten.« Priska seufzt. Eine weitere Fliege hat sich auf Elenas rechtem Arm niedergelassen, der das kleine Feenhäuschen fest umklammert hält. »Habe ich vorhin versehentlich neben einem Misthaufen geparkt, oder wo kommen diese Viecher jetzt plötzlich alle her?« Priska fällt es schwer, sich auf die Straße zu konzentrieren. An der Windschutzscheibe tanzt inzwischen ein Fliegenquartett nach einer abstrusen Choreographie. Und draußen schüttet es wie aus Kübeln. Priska ist froh, dass die Strecke an diesem Tag kaum befahren ist. Spritzwasser und reflektierende Scheinwerfer hätten ihre übermüdeten Augen noch mehr strapaziert. Die graue Wolkendecke lässt kaum Licht hindurch. Doch Priska weiß, dass sich das Wetter schlagartig ändern kann, sobald sie den Brennerpass hinter sich gelassen haben. Sie hofft sehr darauf, bald von leuchtenden Farben und hellen, wärmenden Sonnenstrahlen empfangen zu werden. Möge die Helligkeit die Schatten der letzten Nacht vertreiben.

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