Es ist vollbracht! Doch ich sag´s euch: Insbesondere die letzten Tage waren ein ziemlich wilder Ritt.

Da wartest du Wochen über Wochen, Monate über Monate auf sie und wenn sie dann endlich kommt und sich nach einigem Hofieren sogar häuslich einrichtet in deinem Kopf, willst du sie spätestens nach der Honeymoon-Phase direkt wieder rausschmeißen. Denn sie ist ein sehr brutales, exzentrisches und egoistisches Geschöpf, diese Muse.

Du darfst keine anderen Freuden neben ihr haben, sonst haut sie entweder sofort wieder ab oder macht dich mit ihrem unkontrollierten Gesabbel derart kirre und funktionsuntüchtig, dass du nicht einmal mehr die einfachsten Alltagstätigkeiten auf die Reihe kriegst.

Sie zerrt dich Nachts um Drei aus dem Bett und lässt dich bei Rot über die Ampel gehen.

Kinder und Hund würde sie verhungern lassen, ohne es überhaupt zu merken, während sie dich dazu bringt, den Kaffee zu litern und die Schokolade wieder pfundweise zu verdrücken. Obwohl du dir das eigentlich längst abgewöhnt hat.

In Gesprächen jeglicher Facon präsentiert sie dich als grenzdebilen Sozialkrüppel und Termine lässt sie mit der gleichen frechen Nonchalance platzen wie kleine Kinder Seifenblasen.

Deine Gesundheit ist ihr scheißegal und auch sonst alles und jedes. Hauptsache, du bannst ihren Wahnsinn aufs (digitale) Papier. Und zwar pronto.

Ja, so ist das mit der Muse. Trotzdem bin ich ihr unendlich dankbar dafür, dass sie mich in ihr knallhartes Bootcamp geschleppt hat. Ohne sie wäre mein Roman wohl selbst am St. Nimmerleinstag nicht fertig gewesen.

Ich sag“s, wie“s ist: Auf weiten Strecken war der Schreibprozess diesmal der reinste Kampf. Und selbst wenn es mir gelang, kleinere Alltagsschlachten, in denen es vornehmlich darum ging, die notwendige Zeit zum Schreiben aufzubringen, für mich zu entscheiden, gab es da immer noch diesen einen Endgegner, der mir regelmäßig den Garaus gemacht hat: Die Frage nämlich, welchen Sinn das Romanschreiben überhaupt noch macht? In diesen Zeiten und in diesem gesellschaftlichen und politischen Umfeld? Sollte ich mich nicht lieber mit etwas befassen, das der Menschheit wirklich dienlich ist? Zumal meine Geschichten die Welt weder bewegen noch verändern werden. Weil sie eben keine Welt- sondern Unterhaltungsliteratur sind.

Mit dieser Frage trage ich mich seit Jahren und sie hat mir die Freude am Schreiben fast genommen. Beantwortet hat auch die skrupellose Muse diese Frage nicht, sondern sie einfach radikal ausgelöscht. Von jetzt auf gleich. Zumindest für die Dauer ihres Aufenthalts.

Und wie geht es nun weiter?

„Frau s/Sucht Katharsis 40“, so der etwas abgewandelte neue Titel, der noch um einiges besser zur Geschichte passt als der alte, darf jetzt erst mal ein paar Tage ruhen und dann werde ich das Buch nochmal Zeile für Zeile durchgehen. Da ich jedoch kein Weltliterat und somit auch kein Hemingway bin, halte ich den ersten Entwurf nicht zwingend für Shit. Jedenfalls bin ich persönlich jemand, der gar nicht weiterschreiben kann, wenn er das, was er zuvor zu Papier gebracht hat, miserabel findet. Daher Ich bin schon während des Schreibens ständig am Überarbeiten. Die nochmalige Durchsicht meinerseits wird also erfahrungsgemäß zügig von Statten gehen.

Anschließend werde ich den Roman an meine Testleser und meine Korrektorin schicken. Danke an dieser Stelle, dass ihr wieder am Start seid – eure Unterstützung bedeutet mir wahnsinnig viel!

Und ich freue mich wahnsinnig darauf, jetzt endlich wieder mehr Zeit für die Gitarre zu haben!

Der ein oder andere wird schon mitbekommen haben, dass ich seit einiger Zeit auch an einem Song zum Buch bastele. In den nächsten Wochen wird es davon eine Kostprobe geben. Die kleine Instrumentalpassage, die ihr hier hört, ist ein Fragment aus dem Lied-Rohbau.