Die zweite Woche meines „Zuckerfrei“-Experiments ist geschafft – Zeit für eine weitere Zwischenbilanz. Nach wie vor bin ich der Überzeugung, dass die Reduktion von raffiniertem Zucker eine wichtige Stellschraube in Sachen Insomnia ist, auch wenn mich die schlechten Nächte, die natürlich binnen dieses kurzen Zeitraums noch nicht ausgemerzt sind, regelmäßig daran zweifeln lassen. Glücklicherweise habe ich heute ein Schlafpolster von knapp fünf Stunden im Rücken, was für meine Verhältnisse doch recht ordentlich ist. Gestern, nach einer fast schlaflosen Nacht, wäre mein Wochenresümee wahrscheinlich weniger euphorisch ausgefallen. Da bin ich ganz ehrlich.
Wenn ich nicht oder kaum schlafe, ist die Zuckergier nach wie vor riesig und ich muss dann wirklich kämpfen, um nicht wie eine Heuschrecke über sämtliche Süßigkeitenvorräte herzufallen, die es vor allem dank M. noch immer en masse in unserem Haushalt gibt.
Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, finde ich es wirklich äußerst zuvorkommend von ihm, dass er gerade dann, wenn ich dem Süßkram mal wieder abgeschworen habe, Tonnen davon herankarrt. Trotzdem darf ich meinen Anfall von geistiger Umnachtung, in dem ich am Samstag die Schlacht gegen das Zuckermonster verloren und M. eine halbe Packung Choco Crossies weggefressen habe, nicht ihm in die Schuhe schieben. Schließlich zwingt er mich nicht, sein süßes Schlaraffenland zu plündern.
Ebensowenig wie ich ihn zwinge, dass er sich meinem Selbstversuch anschließt. Ich hab ihn noch nicht mal gefragt, ob er mitmachen möchte. Denn M. ist jemand, der schon aus Prinzip immer das Gegenteil von dem macht, was man ihm vorschlägt. Wie gesagt liebe ich seine rebellische Ader – ist mir tausendmal lieber als so ein weichgespülter Ja-Sager, aber in dem Fall würde er sich damit ins eigene Fleisch schneiden und deshalb verfahre ich hier nach der bekannten Autorenweisheit für Arme: „Show, don`t tell!“ Eventuell mag er ja doch irgendwann mitziehen, wenn er sieht, dass es mir mit weniger Zucker besser geht.
Für`s Erste bin ich schon mal froh, dass seine Boykottierungsversuche sich in Grenzen halten. Letztes Mal, als ich einen Zuckerentzug startete, überreichte er mir nach wenigen Tagen mit einem halb feierlichen, halb perfiden Lächeln eine 300g-Tafel Milka (böse Schleichwerbung) Noisette: „Schau mal, Schatz – ich habe dir deine Lieblingsschokolade mitgebracht.“
Tja, irgendwie hat das schon System, dass er meine diesbezüglichen Vorhaben regelmäßig unterwandert. ; ) Aber ich will mal nicht so sein: Er redet mir nicht drein und vertilgt auch meine zuckerfreien Mahlzeiten ohne zu meckern. Zumindest, solange Fleisch mit am Start ist. Wenn nicht, schwingt er eben selbst den Kochlöffel. Er kocht vorzüglich, womöglich sogar noch besser als ich. Was für meine Wenigkeit Freud und Leid zugleich bedeutet. Denn bei ihm rangiert ganz klar Genuss vor Gesundheit. Und wenn dann die köstlichen Düfte seiner kulinarischen Meisterwerke durch`s Haus strömen, muss ich mich schon arg zusammenreißen, um zu widerstehen. Das weiß er auch. Also sehe ich zu, dass es gar nicht erst soweit kommt. ; )
Latent genervt ist er aber schon davon, dass ich mich dem dolce Vita (,zumindest, was die essbare Seite davon anbelangt,) momentan so penetrant verweigere.
Dies demonstrieren mir so kleine Szenarien wie gestern Abend, als er an meiner Statt unser Eiliensche aufzieht, da ich mich seinen Trietzversuchen nicht mehr zugänglich zeige. Sie übt sich gerade in Silbentrennung. Außerdem hat sie uns in der vergangenen halben Stunde mindestens 100 Ja-oder-Nein-Fragen gestellt.
M.: „Ja-ah-ha!! Siehst du, das hat sogar drei Silben.“
Das Eiliensche erwidert: „Und Papa hat wie Kacka zwei Silben.“
(High Five, Tochter. ;.))
Zurück zu meinem Zuckerfrei-Projekt. Die Choco-Crossies-Vernichtungsaktion war zum Glück mein einziger Aussetzer. Und darauf bin ich sogar ein wenig stolz. Denn normalerweise agiere ich in solchen Fällen nach dem Motto: „Jetzt ist es eh schon wurscht.“
Aber ich will nicht lügen. Es ist schon hart. Für mich. Mein Verlangen nach Zucker kommt und geht. Bei mir ist es nicht so wie bei anderen, die nach ein paar Tagen kalten Entzugs mit dem Thema durch sind. Was sicher auch daran liegt, dass ich Zucker in erster Linie aus emotionalen Beweggründen heraus konsumiere. Insbesondere dann, wenn ich mich beruhigen möchte. Wobei das strenggenommen ein Widerspruch in sich ist, da ich dadurch ja gleichzeitig negativ aktiviert werde.
Teilweise kann ich dieses Bedürfnis mit dem Gitarrespielen auffangen. Unseren Nachbarn bluten wahrscheinlich schon die Ohren, so oft wie sie in den vergangenen Tagen mein Geschrammel haben anhören müssen. Manchmal frage ich mich echt, warum sich das mein „Insta-Umfeld“ freiwillig antut.
Zumindest spiele ich inzwischen nicht mehr so oft Nachts, weil ich da ja jetzt tatsächlich ab und zu schlafe. Immerhin habe ich seit zwei Wochen keine Benzos (Schlaftabletten) angerührt und es gab in diesen 14 Tagen keine einzige Nacht, die ich komplett durchgemacht habe. Wenigstens ein bis zwei Stunden habe ich immer gepennt. Das ist schon wirklich ein enormer Fortschritt. Und an dieser Erkenntnis klammere ich mich fest, wenn mich mein zuckriger Schweinehund zu überwältigen droht.
Toll! Du kämpfst ja wie ein Löwe! Vielleicht musst Du das Schlafen ja auch erst wieder „lernen“? Ich hab ja keine Ahnung, vielleicht bist Du ja sowas wie entwöhnt? Ich glaub echt, das hilft mit dem Zuckerentzug! ?? Toll, wie Du Dich durchbeißt! ??
Danke dir! ? Ja, es ist echt ein Kampf, aber die merkliche Schlafverbesserung hilft mir, bei der Stange zu bleiben. Nichts schmeckt so süß, wie erholsamer Schlaf sich anfühlt. Haha. 😉 / Und du hast absolut recht: Ich hab mich selbst in all den Jahren auf „Nicht-Schlafen“ konditioniert. Und jetzt muss ich mich mühsam wieder umprogrammieren. Der Zucker steht mir dabei im Weg. Denn er pusht mich halt künstlich.
Hört sich schwierig an, mit dem umprogrammieren. Aber Du schaffst das bestimmt, so wie Du an Dir arbeitest.
Ja, das ist ein langer Weg bzw. zäher Marsch. Danke dir für deine bestärkenden Worte! ?
Zuckerkonsum und Schlaf: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich, wenn ich abends noch etwas Süßes gegessen hatte, danach nur sehr mühsam einschlafen konnte. Und zwar bekam ich da regelrechte „Zustände“, schwer zu schildern, aber richtig unangenehm. Das spielte sich etwa so ab, dass ich zwar erst einmal einnickte, dann jedoch, wahrscheinlich an der Schwelle von leichterem zu etwas tieferem Schlaf, regelmäßig hochschreckte und so ein seltsames „inneres Zittern“ spürte, war nur „innen“, irgendein Nervenflattern wahrscheinlich – und danach kaum noch einschlafen konnte. Als ich das bemerkte, habe ich, schon vor Jahren, aufgehört, noch abends Süßes zu essen. Damit hatte es sich wesentlich verbessert, war aber weiterhin nicht komplett weg. Vielleicht deshalb, weil ich ja weiterhin untertags Süßes gegessen habe, und zwar täglich. Seit Jahresbeginn versuche ich, ganz ähnlich wie du, dem Zucker so gut es geht komplett auszuweichen (außer Obst und Trockenfrüchte). Und, Zufall oder nicht, seither schlafe ich wieder mehr und besser … Und ohne dieses seltsame Nervenflattern. Alles Liebe – ich verfolge deinen Blog ganz allgemein mit großem Interesse, ist immer sehr lesenswert!!
Was du beschreibst, treibt mich auch öfter um, dabei esse ich gar nicht Süßes ?. Ich glaube, bei mir liegt es an den Wechseljahren.
@Milou Interessant. Na, ich denke, es gibt verschiedene Ursachen für dieses Phänomen. Chips sind allerdings im Grunde auch nichts anderes als Zucker und Fett. Nachdem du die ja jetzt weglässt, kannst du dahingehend vielleicht auch bald eine Verbesserung feststellen. Ich wünsche es dir!
@mizzimai Zunächst vielen Dank für dein Lob und dein Interesse! Es freut mich sehr, dass du hier gerne liest. Geht mir mit deinem Blog übrigens ganz genauso. 🙂 Dieses Nervenflattern und Hochschrecken kommt mir sehr bekannt vor. Der medizinische Fachterminus hierfür heißt Arousal. Eine vom Gehirn ausgelöste Weckreaktion. Normalerweise, wenn Gefahr droht, z.B. aufgrund eines kurzen Atemstillstands. Muss aber nicht sein. Bei mir wurden damals im Schlaflabor extrem viele solcher Arousals gemessen, obwohl ich nicht unter Schlafapnoe leide. Die Ärztin erklärte das damals so, dass mein Hirn meint, ich befände mich in der Steinzeit und säße die ganze Zeit draußen vor der Höhle, um Wache zu schieben und rechtzeitig Alarm zu schlagen, falls der Säbelzahntiger um`s Eck biegt. Jedenfalls ist es schön zu lesen, dass bei dir die Zuckerreduktion offensichtlich auch den Schlaf verbessert hat. Das motiviert mich enorm. So, wie du es schilderst, halte ich einen Zufall für höchst unwahrscheinlich. Dir auch alles Liebe und weiterhin viel Erfolg in Sachen Zuckerverzicht! Würde mich freuen, wenn du uns da hin und wieder auch einen kleinen Statusbericht lieferst! 🙂
Schon ziemlich daneben, Dir die Schokolade unter die Nase zu halten – bei einem echten „Entzug“ muss man hart bleiben. Ich würde ja auch keinen Alkoholiker in der Suchtklinik auf ein Bierchen einladen… ?
Find ich ehrlich gesagt auch.. Da kann man nur die Tochter zitieren, sehr witzig die Kleine ? auch von mir Respekt fürs Durchhaltevermögen! Weiter so! ??
? Ja, die zeitnahe Entwicklung einer gewissen Schlagfertigkeit gehört in unserer Familie zum Survivaltraining. Sonst geht man/frau zwischen all diesen Hyänen gnadenlos unter. ? Danke für deine motivierenden Worte!! ?
@Hyper Netter Vergleich. ???? Na, im Grunde meint er es bestimmt nicht böse, aber ich glaube, er hält einen möglichen Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und Schlaflosigkeit für äußerst zweifelhaft. Er selbst schläft trotz Zucker wie ein Stein. Es sei denn, ich wecke ihn um 03.00Uhr Nachts, damit er mich mal wieder von einer Panikattacke runterholt. Er ist sich des Ernstes der Lage durchaus bewusst, aber er denkt , dass ich woanders ansetzen muss. Und zwar auf der psychologischen Ebene. Beispielsweise bei meiner fehlenden Abgrenzungsfähigkeit.
Damit macht er Dich sogar noch kleiner, als ich zunächst schon befürchtet hatte… Aber Du bist das ja gewöhnt. ?
Tja, mir ist bewusst, dass unsere Beziehungsdynamiken bzw. die Ausschnitte, die ich hier präsentiere, ein gefundenes Fressen für einen Psychoanalytiker wären. 😉 Allerdings denke ich zum einen, dass der Schein trügt und zum anderen, dass wohl vor allem ich es bin, die sich selbst klein macht. Schon von jeher. Und das mit der Abgrenzungsthematik ist wirklich ein großes Problem, an dem ich schon viele Jahre herumdoktere, aber da komme ich einfach nicht weiter.
Okay ich nörgele momentan selber zu gerne an allem herum (auch hier), weil ich eine Kieferknochentzündung habe… 😉 Was eigentlich keine Entschuldigung dafür ist. LG!
Ach, du Scheiße! Das ist echt verdammt schmerzhaft. Ich hatte das auch mal nach einer missglückten Wurzelbehandlung. Da hat die Entzündung dann zu allem Übel noch auf den Unterkiefernerv übergriffen. Die reinste Hölle. Ich schätze, du nimmst Antibiotika. Mit so einer Entzündung ist nicht zu spaßen. Nochmal von Herzen gute Besserung und LG zurück!
Natürlich nehme ich keine Antibiotika… ?
Oh Mann! 😉
Halt weiter durch, ich drücke ganz fest die Daumen!
Vielen Dank für deine guten und kraftspendenden Wünsche! 🙂 Und nochmal: Schön, dass du auch hier mitliest. Das freut mich sehr!
Ist glaube in der Familie wirklich schwierig, so eine knallharte kompromisslose Sache. Unter die Nase reiben muss er Dir die Schokolade ja wirklich nicht, aber dass alle mitmachen ist auch illusorisch. Vielleicht ist es seine Art Dir zu sagen, dass er Dich auch mit Zuckerkonsum und somit vielleicht ein paar Kilos mehr mag. Dass es Dir dabei eher um Deinen Schlaf geht, ist ihm das bewusst?
Ja, da gebe ich dir völlig recht: Dass meine komplette Familie sich plötzlich zuckerfrei ernährt, kann und darf ich nicht erwarten. Mache ich auch nicht. Und M. ist sicherlich nicht der Grund dafür, falls ich doch irgendwann das Handtuch werfen sollte. Ich muss ja über seine Boykottierungsversuche eher schmunzeln. Wirklich übel nehme ich sie ihm nicht. Ja, ich weiß, dass er mich liebt, gleich, ob ich ein paar Kilo mehr oder weniger auf den Rippen habe. Und das ist noch nicht einmal hypothetisch gemeint. Er kennt mich tatsächlich mit 90-60-90 und auch mit … lass mich nachsehen … 101-78-106. 😉 Und selbst, als ich sogar noch etwas üppiger war, fand er mich attraktiv. Für ihn bedeutet eine gute Figur vor allem gute Proportionen. Und da ist er nicht der einzige, der mir das vermittelt. Von daher: Ich trage zwar jede Menge Komplexe mit mir herum, aber mit meinem Aussehen hat keiner davon (mehr) etwas zu tun. Und darüber bin ich sehr glücklich, denn das ist für mich lange, lange Zeit ein sehr sensibles Thema gewesen. Ich hatte auch schon mal knapp 40kg auf 1,70m. Und das war gesundheitlich weitaus bedenklicher als ein paar Pfunde zu viel. Wie du schon richtig gesagt hast: Den Zuckerentzug mache ich in erster Linie wegen meiner Schlafproblematik, die für mich echt der Killer ist und ja, M. ist sich darüber im Klaren. Aber wie ich gerade schon bei Hyper oben schrieb, denkt mein Mann, dass die Ursachen für meine Schlaflosigkeit eigentlich ganz woanders liegen und ich eher dort ansetzen müsste.
Bisschen gemein ist er schon, dein Gatte ?. Ich glaube, dazu würde ich ihm ein paar freundliche passende Worte sagen, denn wenn es für dich so hart ist, dann soll man nicht noch extra provozieren, zumal es um etwas existenziell Wichtiges geht – deinen Schlaf. W. macht meinen Fleisch- und Knabberkramverzicht auch nicht komplett mit, muss er auch nicht, aber neulich brachte er uns für abends statt Chips Möhrchen mit. Das fand ich schon niedlich ?. Halte durch, es lohnt sich ganz sicher ?
? Eure Meinungen hier sind für mich echt sehr aufschlussreich. Ich fürchte, ich hab meinen armen Mann in ein völlig falsches Licht gerückt. Keine Sorge: Ich setze mich schon zur Wehr und zumindest verbal bin ich ihm sicher nicht unterlegen. Aber ich sehe das in dem Fall eher so, dass es ohnehin keinen Sinn macht, Zucker aus dem Umfeld zu verbannen. Man wird zwangsläufig überall damit konfrontiert. Mein Ziel ist es, dass mich das ganze Zeug einfach gar nicht mehr anmacht. Auch wenn sich um mich herum die Schokoladentafeln stapeln. / Das mit den Möhrchen ist auf jeden Fall eine nette Geste von W. gewesen. 🙂 Danke für deine guten Wünsche. Ich denke auch, dass es sich auszahlen wird. ?
Als ich Untergewicht hatte, bekam ich selbst von geringen Mengen Zucker üble Nervositätsanfälle. Ich wurde richtig fahrig. Da hatte ich lange keinen Zucker mehr gegessen, vielleicht war ich deshalb damals so sensibel dafür.
Zucker ist fies, weil beim Verzehr erstmal das Belohnungszentrum im Hirn aktiviert wird. Dadurch kommt das initial gute Gefühl. Und danach erst merkt man dann (wenn man es überhaupt registriert…), daß er dem Körper auf Dauer gar nicht gut tut….
Absolut richtig, was du da schreibst. Genau deshalb ist der Zucker auch so tückisch. Weil er einem vordergründig Wohlbehagen vermittelt, während er einen hinterrücks vergiftet. Ich versuche, mir mein Dopamin momentan vor allem über das Gitarrespielen zu holen.