Hallo, liebe Leute. Meine längere Sendepause hat traurige und ziemlich persönliche Gründe, auf die ich an dieser Stelle nicht eingehen kann und möchte. Und auch wenn ich bisweilen gerne lamentiere, macht es in diesem Fall nicht viel Sinn. Der Tod gehört nun mal zum Leben mit dazu, nicht wahr?
Wen es interessiert, was ich derzeit nebst trauern, sich sorgen, nicht schlafen, Kinder bespaßen, den Mann unterstützen und in Bürokratie versumpfen, sonst noch so treibe, der wird vielleicht Vergnügen an meinem aktuellen Schmelzkapitel finden, das ich aufgrund des sehr überschaubaren Umfangs und als eine Art Kontrastprogramm einfach mal hier einstellen werde.
Es ist ein eher leichtes bis seichtes, aber dafür heiteres Kapitel.
Diejenigen, die sich ausschließlich der Hochliteratur verschrieben haben, seien also vorgewarnt. Auf ätzende Äußerungen könnten ebenso giftige Erwiderungen folgen, da ich die Nacht mal wieder durchgemacht habe und entsprechend auf Krawall gebürstet bin.
Los geht`s:
***
Kapitel 68 (September 2002): Vom Apfel und vom Stamm:
Für einen Samstagnachmittag herrschte noch erstaunlich wenig Betrieb und Ava verlangsamte ihre Schritte. Sie wollte unbedingt vermeiden, dass ihr Körper noch vor ihrem Hirn am Fischbrunnen ankam. Denn die Tatsache, dass sie gleich Jons Sohn kennenlernen würde, versetzte sie in noch hellere Aufregung als das Wiedersehen mit Jon selbst. Der hatte sie inzwischen auch entdeckt. Er hob die Hand und winkte ihr lächelnd zu. Steif erwiderte Ava den Gruß, während sie unsicher auf die beiden zu stolperte.
Der Junge an Jons Seite blickte ihr neugierig entgegen. Er schien groß für einen Achtjährigen – wobei Ava sich mit Körpergrößen von Kindern nicht wirklich auskannte – und war seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Sie bedauerte schon jetzt die unzähligen Mädchen, denen Tom in wenigen Jahren den Kopf verdrehen würde. Mit einer lässigen Geste, die Ava seltsam vertraut erschien, strich sich der Junge ein paar blonde Strähnen aus dem Gesicht und dann schenkte er Ava ein Lächeln, das sich direkt in ihrem Herzen verankerte und augenblicklich ein seltsames Band zwischen ihnen knüpfte. Sie konnte gar nicht anders, als zurückzustrahlen und aus den Augenwinkeln registrierte sie, dass Jon sowohl sie als auch seinen Sohn genau beobachtete.
Nun war Ava bei ihnen angelangt. In stillem Einverständnis umarmten sie und Jon sich nur kurz und freundschaftlich. Dass Avas Herzschlag sich verdoppelte, als sie Jons Körperwärme und den Duft seines Eau de Toilette in sich aufnahm, konnte Tommy ja zum Glück nicht sehen. Rasch lösten sie sich wieder voneinander. Doch Jons blitzenden Augen nach zu urteilen, war zumindest ihm nicht entgangen, dass seine Anziehungskraft auf Ava ungebrochen schien. Er lächelte. Für Avas Geschmack schon fast ein wenig zu selbstzufrieden.
„Darf ich vorstellen: Mein Sohn Tommy!“ Er fasste seinen Jungen um die Schultern und dirigierte ihn mit sanften Nachdruck in Avas Richtung. „Und das ist meine alte Freundin Ava!“
„Sie ist doch nicht alt!“, protestierte Tommy prompt. Weder, was das schelmische Funkeln noch was die Vielzahl an berückenden Blautöne in seinen Augen anbelangte, stand er seinem Vater in irgendeiner Weise nach. „Sie ist viel jünger als du, Papa!“
Ava lachte laut auf. Schon allein dieser eine Satz wirkte wie ein Jungbrunnen auf sie. Vielleicht sollte sie ihre Zukunftsvision von sich selbst als schrumpelnder Apfelsine und Jon als alterndem, aber nach wie vor alles überstrahlendem Casanova nochmal überdenken. Der verzog gerade demonstrativ das Gesicht. Halb belustigt, halb brüskiert.
„Treffer versenkt!“, erwiderte Ava noch immer grinsend. „Und bei mir hast du nun auch gleich einen Stein im Brett. Hallo, Tom!“ Sie reichte ihm die Hand und blinzelte ihm verschwörerisch zu. „Es ist doch ok, wenn ich dich so nenne? Bei ‚Tommy‘ muss ich an ein Kleinkind denken und du bist doch schon fast erwachsen!“
Jon, der hinter seinem Sohn stand, rollte mit den Augen. Toms schlanke Kinderhand war weich und warm, doch ihr Druck überraschend fest und selbstbewusst.
„Ja, ich mag Tom auch lieber“, gab er sich souverän, während Jon die Augenbrauen hob und Ava vielsagend anblickte. Er schüttelte kaum merklich den Kopf, doch sie wusste nicht genau, was er ihr damit signalisieren wollte. In diesem Augenblick straffte sein Sohn ruckartig die Schultern und Jons Hände fielen von ihm ab. Toms wacher Blick wanderte unverwandt über Avas Gesicht und unterzog es einer eingehenden Musterung.
„Du siehst ein bisschen aus wie Prinzessin Fantaghiro. Als sie noch lange Haare hatte“, erklärte er unvermittelt.
„Ui, das ist ein schönes Kompliment. Ich danke dir“, antwortete Ava gleichermaßen überrascht wie geschmeichelt. „Diese Serie habe ich geliebt und ich freue mich, dass sie dir auch gefällt!“
„Ja, früher mal“, winkte Tom nonchalant ab. „Aber jetzt bin ich zu groß für so einen Mädchenkram.“
„Klar“, schaltete sich Jon nun in die Unterhaltung ein. „Wie wäre es mit einem extrastarken Kakao, Großer? Ich brauche jetzt nämlich dringend etwas Koffeinhaltiges und so wie ich Kaffeetante Ava kenne, hat sie da sicher auch nichts gegen einzuwenden.“ Er zwinkerte ihr zu.
„Diesmal hast du das ‚alt‘ vergessen.“ Sie streckte ihm die Zunge heraus. „Aber das olle Tantchen würde sich tatsächlich freuen, wenn es seinen faltigen Hintern zumindest für ein halbes Stündchen im Café Glockenspiel parken dürfte.“
Tom sah ein wenig verständnislos zwischen den beiden Erwachsenen hin und her. Jon klopfte ihm auf den Rücken.
„Tja, Frauen sind rätselhafte Wesen, mein Sohn. Das wirst du noch früh genug feststellen. Und diese hier ist ein besonders spezielles Exemplar.“
Ava hätte Jon am liebsten unsanft in die Seite geboxt, aber in Toms Gegenwart erschien ihr eine solche Geste unpassend. Daher beschränkte sie sich darauf, ihm einen giftigen Blick zuzuwerfen.
„Keine Ahnung, was du meinst, Papa. Ich finde Ava total nett!“ Und erneut bedachte er Ava mit einem hinreißenden Lächeln.
„Danke, Tom“, antwortete sie freundlich. „In Sachen Charme kann sich dein Vater echt noch einiges von dir abschauen.“
„Was für ein Ding?“ Tom schien dezent verwirrt.
Jon knurrte nur. Doch an seinen zuckenden Mundwinkeln erkannte Ava, dass er in erster Linie ebenfalls amüsiert war.
Als sie sich langsam Richtung Café in Bewegung setzten, raunte sie ihm zu:
„Na, das kann einem schon zusetzen, wenn einem die eigenen Kinder so plakativ vor Augen führen, dass man auch nicht jünger wird.“
„Lach du nur, solange du es noch kannst“, entgegnete Jon leise und so dicht an ihrem Ohr, dass sein heißer Atem über ihre Haut streifte. „Ehe du es dich versiehst, befindest du dich in der gleichen misslichen Lage.“
„Dazu bräuchte ich erstmal einen Mann. Und am besten einen, der auch zu haben ist“, flüsterte sie zurück. „Vielleicht warte ich einfach noch weitere zwölf Jahre und schnappe mir dann deinen Sohn.“ Sie hörte Jon aufkeuchen. Kein Wunder angesichts dieser mehr als provokanten Äußerung. Doch noch bevor er sie dafür massakrieren oder sie alternativ weiter mit seiner Nähe betören und endgültig aus dem Konzept bringen konnte, drehte sie sich hastig von ihm weg und wandte sich stattdessen erneut Tom zu, der gerade die Auslage vom Hugendubel studierte:
„Kann ich verstehen, dass Prinzessinnen nicht dein Fall sind. Was interessiert dich denn so?“
„Ich lese gerne Comics.“
‚Das wird deinen Vater freuen‘, schoss es Ava durch den Kopf. ‚Vor allem in seiner Eigenschaft als Deutschlehrer.‘
Sie musste schon wieder schmunzeln. Doch sie sprach ihre Gedanken nicht laut aus. Sie wollte Tom nicht länger zum Spielball in dem perfiden Wort-Ping-Pong zwischen ihr und Jon machen. Ihre Blicke trafen sich und sie sah Jon an, dass er genau wusste, was sie gedacht hatte. Er hob drohend den Zeigefinger und sie schluckte das Glucksen, das sich in ihrer Kehle nach oben drängte, rasch wieder hinunter.
„Ah, und was für Comics? Ich hab da leider keine Ahnung. Sowas wie ‚das lustige Taschenbuch?'“
„Nein, das ist doch was für Babys“, kam es, wie aus der Pistole geschossen. Tom strafte sie mit einem empörten Blick ab. „Superman und Batman vor allem.“
„Oh, ok“, murmelte Ava etwas überrumpelt und nun war es Jon, der sich offensichtlich das Lachen verkneifen musste.
„Im Universum der Superhelden kenne ich mich leider nicht so aus, muss ich zugeben“, ergänzte sie. „In meiner Welt sind die eher rar gesät.“
Kaum hatten die Worte ihren Mund verlassen und Jon das Lächeln vom Gesicht gewischt, verfluchte Ava sich bereits für diesen weiteren Seitenhieb, der ihr eher unabsichtlich herausgerutscht war.
„Macht nix. Du bist trotzdem total cool!“, tröstete Tom sie galant.
Gerne nehme ich Dich und Euch in meine Gespräche mit IHM mit hinein.
Dankeschön! Schaden kann es nicht. ??
Hab ich sehr gern gelesen, dabei mußte ich erschöpfte Trutschn sogar manche Zeilen wiederholt lesen. Stell Dir vor, so schlecht steht es um meine Konzentration.
Und wenn Du alles halbwegs hinter Dir hast, kommst ja vielleicht doch noch auf das zurück, was Dich bedrückt hat.
Guten Morgen, liebe Edith! Es freut mich sehr, dass dir diese Zeilen gefallen haben! ❤ Und das mit dem Konzentrationsmangel aufgrund der Erschöpfung kann ich dir gut nachfühlen. Ich schlafe zur Zeit wieder so gut wie gar nicht und ich merke den Unterschied extrem. Da wird die kleinste Anforderung schon zur fast unüberwindbaren Hürde. Wenn ich dagegen ein paar Stunden geschlafen habe, wuppe ich zumindest den organisatorischen Kram mit links. Einen trotzdem einigermaßen angenehmen Tag dir! ?
Danke, Dir auch, meine Liebe. 🙂
Ich habe dich schon vermisst ?
Danke dir, liebe Milou! ❤ Ich hoffe, dass ich mich jetzt wieder regelmäßiger melden kann. Leider konnte ich auch das Problem mit der Communityeinbindung noch nicht lösen. Meine Beiträge tauchen nach wie vor nicht im Reader auf. Dadurch fühle ich mich schon etwas abgeschnitten. Hoffe, das kriege ich irgendwann hin.
Doch, im Reader bist du – allerdings erst heute – aufgetaucht ?
Ja, hab ich auch gerade festgestellt. Das ist ja schon mal ein Anlass zur Freude. ? Die letzten Einträge waren dort nämlich gar nicht zu sehen.
Tut mir leid zu hören!
Freue mich aber auch, wieder von dir zu lesen, wenngleich ich dich im Reader nicht aktiv gesehen, sondern zufällig mal wieder die Seite aufgerufen habe.. LG!
Hallo Phoebe wie schön, dass du bei mir vorbeischaust! ? Ja, das mit dem Reader ist bei mir wohl Glückssache und das bremst meine Motivation natürlich schon ein wenig, wenn ich mich so außen vor fühle. Denn die meisten rufen die Beiträge halt doch über den Reader auf. Ich selbst auch. Mal sehen. Die neuen Datenschutzrichtlinien machen es auch nicht einfacher. Denn die stehen nicht nur mit dem Plug-in, das ich benutze, auf Kriegsfuß. Liebe Grüße zurück! ❤
Im Reader hab ich dich nicht gefunden. Aber ich werde auch so immer hier bei dir vorbeischauen. Sei lieb gegrüßt und ja, der Tod gehört zum Leben dazu. Das machts aber auch nicht einfacher, finde ich.
Danke dir, liebe Juni! Ja, ich hab auch das Gefühl, dass das noch nicht so hundert pro wieder funzt mit dem Reader!
Du hast recht. Heute ist die Beerdigung.
Lieben Gruß zurück von Mary ❤