Von jung und angejahrt in Wort und Bild

Tagesnotizen #18: Hoch hinaus und andere Spielplatz-Grenzerfahrungen

Wie ein jeder sicher weiß, vergisst das Internet nicht einmal den kleinsten Scheiß.

Gerade, was Einblicke in unseren Familienalltag angeht, wäge ich daher schon genau ab, was online gehen darf und was nicht.

Eine Grenze ziehe ich z.B. bei Inhalten, die meine Kinder in irgendeiner Form diskreditieren oder bloßstellen könnten. Ich habe da ein ziemlich abschreckendes Bild vor Augen: Meine Wenigkeit auf dem Sterbebett. Die holden Töchter mit anklagenden Mienen neben meiner vorletzten Ruhestatt: „Wenn du dich damals nicht öffentlich über unsere kleinkindlichen Eskapaden ausgelassen hättest, wäre unser Leben anders verlaufen. Viel besser nämlich. Du und dein blöder Blog sind daran schuld, dass wir jetzt nirgends mehr einen Fuß in die Tür kriegen!“ Die mahnend erhobenen Zeigefinger beschleunigen meinen allerletzten Atemzug und völlig ver- und am Boden zerstört scheide ich dahin. Nein, so will ich wahrlich nicht abtreten.

Aber es gibt Tage und Situationen, die müssen einfach verewigt werden. Auch wenn ich meinen Kindern dafür kurzfristig den Heiligenschein abnehmen und ihnen ein wenig von ihrem goldenen Engelsglanz entwenden muss. Warum? Weil ich über diese Anekdoten noch in dreißig Jahren lachen will – hoffentlich zusammen mit meinen Kindern. Und weil diese aberwitzigen Erlebnisse vielleicht auch anderen Eltern, die gerade ähnlich gebeutelt sind, ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.

Heute kann ich auch schon wieder lachen über unseren Horrorauftritt, aber gestern fühlte ich mich wie ein Dampfkochtopf kurz vor der Explosion. Und zum Ende hin ist mir dann doch noch der Stöpsel rausgeflogen.

Das Eiliensche hatte bereits den ganzen Vormittag die Diva raushängen lassen. Schon allein meine Weigerung, auf allen Vieren und mit geschientem Fuß nach der Trinkflasche unter dem Sofa zu fahnden, während das Eiliensche könniginnengleich auf selbigem thronte und nicht gewillt war, sich auch nur einen Millimeter fortbewegen, führte zu Tränensturzbächen ihrer- und erhöhtem Puls meinerseits.

Weitere Heuattacken folgten, als ich ihr klarzumachen versuchte, dass ihre Freundinnen sie jetzt nicht besuchen konnten, da sie alle im Kindergarten weilten, gegen dessen Besuch das Eiliensche sich diese Woche noch rigoros sträubte. Ich muss dazu sagen, dass wir zu Ferienbeginn tatsächlich beschlossen hatten, dass sie die erste KiGa-Woche noch zu Hause bleiben darf, so sie es denn möchte. Da wusste ich aber noch nicht, dass ich mir einen doppelten Bänderriss zuziehen würde. Heute habe ich sie übrigens doch hingebracht und es war gut so.

Auch jeder vermeintlich schiefe Blick oder eine versehentliche Berührung seitens ihrer Schwester hatten einen halben Weltuntergang zur Folge.

Trotzdem machten wir uns Nachmittags frohen Mutes auf zu einem Spielplatztreffen mit einer befreundeten Mutter und deren beiden Kindern.

Doch das Eiliensche setzte ihren Zickenterror konsequent und kompromisslos fort. Die Schaukeln gefielen ihr nicht, diverse Gerätschaften waren ihr auf einmal suspekt und die Klettergerüste zu hoch. Vor ein paar Tagen hatten wir das gegenteilige Problem:

Da hat das Eiliensche sich in Windeseile an diesen netzartigen, aus Seilen gefertigten Gebilden – wie heissen die? – empor geturnt, während ich kurz dem auf Abwegen befindlichen Ämmale hinterherhumpeln musste. Da stand das Eiliensche nun in luftiger Höhe und traute sich nicht mehr hinunter. Ich stellte mich direkt unter sie und streckte die Arme hoch, um sie entgegen zu nehmen, doch sie war zu weit oben. Mit meiner Fußschiene kann ich nicht klettern. No way. Die Situation schien auswegslos: Ich konnte nicht hinauf und sie nicht herunter. Zumindest war sie trotz viel guten Zuredens überzeugt davon. Vor meinem geistigen Auge erschien ein Katzenbaby auf einem Baum. Herzerweichend miauend, bis endlich die Feuerwehr anrückt, um es zu erretten. So weit kam es bei uns Gott sei Dank nicht. Glücklicherweise war noch eine andere Familie auf dem Spielplatz. Der Vater erbarmte sich und kletterte dem Eiliensche entgegen. Fünf Minuten später war sie dann schon wieder oben. Immerhin aber nicht so weit wie zuvor.

Zurück zu den desaströsen Vorfällen von gestern:

Als schönen Abschluss für den etwas durchwachsenen Spielplatzaufenthalt schlug meine Freundin vor, einen kleinen Spaziergang zum nahegelegenen Weiher zu machen und beim gemeinsamen Entensichten die erhitzten Gemüter ein klein wenig abzukühlen.

Zwar begrüßte das Eiliensche, ebenso wie die anderen Mädels, diese Unternehmung durchaus, aber zuvor musste sie noch schnell Ihre Zickereien auf den Höhepunkt treiben und mir davonlaufen. Bei meinem lauten „Stopp“ blieb ihre Freundin sofort wie angewurzelt stehen. Nicht jedoch das Eiliensche. Fluchend stakste ich hinterher. Das Ämmale an der Hand und die behinderte ..äh… behindernde Schiene am Fuß.

Während ich mir das tobende Eiliensche zur Brust nahm, entdeckte das Ämmale ein dunkles, mit Wasser gefülltes Loch. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass sie sich anschickte, einen Fuß hinein zu stippen. „Nein!“, schrie ich, während ich wenig grazil zu ihr hinüberhechtete. Doch da war es schon zu spät. Sie steckte mit ihrem kompletten Bein in dem Loch. So schnell ich konnte, befreite ich sie. Dabei stieg mir ein widerlicher Gestank in die Nase. Abwasser. Auch das noch. In Windeseile riss ich dem Ämmale Schuhe, Strümpfe und Hose vom Leib. Trotzdem stank sie noch nach Kloake.

Damit war der Ausflug an den Teich für uns gestorben. Ich hatte für das Ämmale zwar eine Ersatzleggin, aber weder ein zweites Paar Socken, noch andere Schuhe dabei. Im Body und barfuß konnte ich sie nicht lassen. Dazu hatte es gestern blöderweise mindestens 10 Grad zu wenig auf der Skala.

Als ich die Info „keine Enten heute“ an das Eiliensche weiterleitete, steigerte sich ihr Unmut ins Unermessliche. Und sie weigerte sich, auch nur einen Fuß in Richtung Auto zu setzen. Ich verabschiedete mich von meiner Freundin und ihren Kids und schlurfte,  das Ämmale auf dem einen und die Wickeltasche auf dem anderen Arm, los. In meinem kaputten Fuß stach es verdächtig. Vermutlich hatte ich ihn bei dem Rette-das-Ämmale-aus-der-Kloake-Manöver ungünstig belastet, um es mal vorsichtig auszudrücken. Hoffe, das schmeißt mich jetzt in Sachen Genesung nicht zurück.

Das Eiliensche zeigte sich wenig davon beeindruckt, dass ich mich langsam von ihr entfernte. Sie gebärdete sich weiterhin wie eine Wilde. Und dann, wie sollte es auch anders sein, übergab sie sich. Ab und zu kommt das vor. Wenn sie richtig, richtig wütend ist. Ihre Aktion verlief sehr effizient. Sie sah aus, als hätte ich sie in ein Odelfass getunkt.

Als ich die Kinder ins Auto verfrachtete – das eine nach Erbrochenem und das andere nach Exkrementen riechend, klammerte ich mich an einen einzigen Gedanken: „Morgen lachst du drüber.“

Ein erstes Schmunzeln stahl sich bereits über meine Lippen, als ich später am Abend die Autokindersitze desinfizierte.

Ja, so war das gestern. Ein Heidenspaß.

Die Bilanz von Abnehmwoche 2 folgt morgen und das 13. Kapitel des Blogromans in Kürze.

2 Kommentare

  1. Ella

    Liebe Marianne,

    solche Geschichten sind es auf jeden Fall wert, festgehalten zu werden um nochmal darüber lachen zu können. Ich hatte zwar noch nicht das Pech, Erbrochenes von den Kindersitzen entfernen zu müssen, dafür hatte ich erst kürzlich „leere“ Bierflaschen im Auto. Von denen ist eine nicht wirklich leer gewesen und umgekippt ist und so lief vergorenes Bier auf dem Boden des Kofferraums o.O

    Liebe Grüße
    Ella

    • Federfarbenfee

      Liebe Ella, dein Kommentar ist mir jetzt irgendwie durchgerutscht. Bitte entschuldige! Ja, die besten Geschichten schreibt tatsächlich das Leben. Vergorenes Bier im Kofferraum klingt auch sehr delikat! 🙂

      Herzliche Grüße von
      Mary

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