Was macht Ihr, wenn die Kinder rumschnupfen, der Gatte bereits mit fieser Männergrippe flachliegt und Ihr auf keinen Fall auch noch krank werden wollt?
Ihr flieht vor den Viren innerhalb der geschlossenen vier Wände und legt es direkt darauf an, in einen Wolkenbruch zu kommen. Um dann erstaunt festzustellen, dass Schuhe innerhalb weniger Sekunden so voller Wasser laufen können, dass es bei jedem Schritt lustig schwappt und knatscht. Richtig?
Das war heute meine Art von Prophylaxe. Mein Hals kratzt schon bedenklich. Im Grunde hätte es mich aber auch dann erwischt, wenn ich mich in mehrere Decken gehüllt auf die Couch gekuschelt und keinen Fuß vor die Tür gesetzt hätte. Das Kind ist schon vorgestern in den Brunnen gefallen. Als dem Eiliensche das erste verräterische Rinnsal aus der Nase gelaufen ist, nämlich. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass ich pünktlich krank werde, sobald die anderen Familienmitglieder gerade wieder gesund sind. Und es ist absehbar, dass ich, die sich am wenigsten auskurieren kann, am längsten damit zu schaffen haben werde. Zwei Monate Anosmie gratis inklusive. Warum sich also nicht eine kleine „Henkersmahlzeit“ in Form eines feuchtfröhlichen Ausflugs gönnen? Die Kinder hatten ihren Spaß und der Mann konnte daheim in Ruhe Richtung Genesung couchen.
Es ließ sich eigentlich ganz gut an. Bei strahlendem Sonnenschein starteten wir per Fahrrad nebst Anhänger. An Regen- und Wechselklamotten hatte ich ausnahmsweise gedacht und auch die Gummistiefel lagen griffbereit im „Kofferrraum“. (Leider nicht für mich. Isch abe gar keine Gummistiefel. Böser Fehler.)
Auf Dreiviertel der Strecke fing es plötzlich an, in Strömen zu gießen. Aber kein Problem: Muttern hat ja vorgesorgt. Zufrieden und nicht ohne eine Spur von Stolz für mein organisatorisches Geschick sah ich meinen Mädels dabei zu, wie sie, gut eingepackt, jauchzend durch wadenhohe Pfützen hüpften. Das Fahrrad hatte ich untergestellt. Es war also tatsächlich etwas dran an dem Spruch „es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung“. Beiläufig registrierte ich, dass wir die Einzigen waren, die sich draußen herum- und zudem exzessives „puddle-hopping“ betrieben.
Zwischendurch überlegte ich durchaus, ob wir nicht den Rückwärtsgang einlegen und nach Hause zurückfahren sollten. Doch dann kam die Sonne hinter den Wolken hervor und lockte uns mit ihren freundlich-warmen Strahlen.
Auch den Spielplatz hatten wir für uns allein. Und mit Matschhosen ist keine Wippe, kein Klettergerüst, keine Rutsche, kein Sandkasten und keine Schaukel zu nass. Es war so schön, dass ich die dunklen Wolken, die sich allmählich, aber unübersehbar im Hintergrund zusammenbrauten und den blauen Himmel beiseite schoben, geflissentlich ignorierte. Es war warm, die Vögel zwitscherten und meine Kinder freuten sich ihres jungen Lebens. Zudem waren diese Vorgewitterstimmung sowie die von ihr inszenierten Bilder auf ihre Art anmutig und betörend.
Das Eiliensche und das Ämmale saßen gerade auf der Schaukel, als auf dem Weg gegenüber eine Mutter mit ihren Kindern im Affenzahn fahrradelnd an uns vorbei peste. Wir schauten ihnen verdattert hinterdrein. Im gleichen Moment ertönte das erste Donnergrollen. Die Mädels und ich eilten zurück zu unserem Drahtesel. Ich drückte den Beiden jeweils einen Keks in die Hand und bugsierte sie in den Anhänger, der zum Glück über einen sehr gut abdichtenden Regenschutz verfügt. Ein paar Sekunden später fing es tatsächlich an zu hageln. In Windeseile sammelte ich die Sandspielsachen zusammen. Der Graupelschauer war schnell vorüber. Statt dessen platschten nun die ersten Regentropfen auf uns nieder. Die Mädels saßen gut geschützt und trocken im Anhänger, doch mir selbst fehlte ein adäquater Unterstand. Zudem war die Stimmung im Zweisitzer durchwachsen: Das Ämmale kicherte, doch dem Eiliensche war Blitz und Donner nicht geheuer. Sie drängte darauf, nach Hause zu fahren. Aus moderat dahintröpfelnden Regenfäden wurden innerhalb von Sekunden regelrechte Sturzbäche. Ich war schon klatschnass, bevor ich auf`s Rad stieg. Die Rückfahrt gestaltete sich abenteuerlich. Manch ein Autofahrer schien vor dem Gewitter größere Angst zu haben als meine Wenigkeit, die sich ohne Dach über dem Kopf und mit zwei kleinen Kindern im Schlepptau durch die Wassermassen kämpfte. Jedenfalls kann ich mir nur so die seltsamen Wende- und Bremsmanöver erklären, denen ich nicht nur einmal ausweichen musste.
Ein Sommer wie ein Aquarell. Leuchtende Farben. Wegen oder trotz des Wassers?
Immerhin ist unser Keller bisher trocken geblieben. Anders als die letzten Jahre.
Hoppla. Dafür, dass ich eigentlich über nichts geschrieben habe, ist es ganz schön lang geworden.
Dabei habe ich doch einen neuen Vorsatz: Jeden Tag mindestens eine halbe Stunde am Roman zu schreiben. Das muss möglich sein. Das Intervall zwischen den letzten beiden Kapiteln betrug abartige vier Wochen. Das hemmt sowohl den Schreib- als auch den Lesefluss gewaltig. Daher muss ich, meines Zeichens hochbegabte Verzettelungskünstlerin, strenger durchgreifen.
Gern gelesen! Fahre mit zwei Kindern auch viel Rad und kann ein bisschen ermessen, wie sich das anfühlt. „Ein Sommer wie ein Aquarell“ ist ein schönes Bild für Deinen „Alltagsbericht“! Werd ich mir merken?
Hallo Lernbegleiterin, vielen Dank für Deinen netten Kommentar! Freut mich, dass Dir meine kleine Anekdote gefällt! 🙂 Ja, Ausflüge via Fahrrad erhöhen die Chancen für Alltagsabenteuer jedweder Art enorm! 🙂 Sei lieb gegrüßt!